Mittendrin statt nur dabei: Lernen nach dem Netflix-Prinzip!

Vorlesungen, Lehrveranstaltungen, Texte, Podcasts – das kann man sich doch gar nicht alles merken! Also lassen wir es mal ruhig angehen. Wenn was fehlt, kannst Du es immer noch ergänzen. Irgendwann.

Vor den Prüfungen heult dann die Alarmsirene. Und irgendwann läutet das Totenglöckchen für Deine Zukunftspläne.

Fragt Dich aber jemand nach irgendeinem Detail aus Deiner Lieblingsserie, dann ist alles präsent. Du bist plötzlich der Mega-Experte – wäre es nicht toll, diese Power auch für Schule, Studium oder Ausbildung zu nutzen?

Wäre es. Ist es. Und es ist möglich!

Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen?

Die Vorlesungen sind sterbenslangweilig. Ich brauche jedes Mal so lange, um zu wissen, worum es überhaupt geht. Und dann verliere ich den Faden und langweile mich, bis es endlich vorbei ist. Egal, spiele ich was auf dem Handy und ergänze zu Hause, was ich nicht mitbekommen habe. Was dann nie passiert.

Aber ist halt so. Ich bin halt doof, kann mir das einfach nicht merken.

Dann unterhalte ich mich mit meinen Freunden über unsere Lieblingsserie. Und ich bin schockiert: Wie konnten die nur vergessen haben, dass Lady Olenna Tyrell, die Großmutter von Margaery Tyrell, hinter der Ermordung von König Joffrey Baratheon (der eigentlich Lannister heißen müsste;)) steckte? Die so großartig gespielt wird von Diana Rigg, bekannt aus der Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“?

Merkst Du was? Von wegen doof! Klappt ja doch damit, sich was zu merken, auch komplexe Zusammenhänge zu begreifen, zu verinnerlichen und wiederzugeben. Nur nicht da, wo es soll.

Warum?

Zunächst einmal belegt es prima eine neurophysiologische Erkenntnis: Die Lernfähigkeit steigt massiv an, wenn uns das zu Lernende ein gutes Gefühl beschert (Stichwort Limbisches System). Das trifft natürlich in besonderem Maße auf das angemessen grausame Hinscheiden des fiesen Joffrey zu.

Lernen ohne es zu merken

Wenn wir Emotionen, insbesondere positive, mit etwas verbinden, dann prägen sich viele Details ein, ohne dass wir aktiv dafür etwas tun müssten. Es passiert einfach.

Bei Serien kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Wir entwickeln mit der Zeit einen persönlichen Bezug zu den Charakteren und zu der Welt, in der die Handlung spielt. Wir sind nicht mehr nur unbeteiligter Zuschauer, sondern mittendrin. Deshalb wollen wir auch immer wissen, wie die Story weiter geht. Folge auf Folge – „netflixen“ hat Suchtpotenzial. Und wenn die Staffel zu Ende ist, ist die Trauer groß.

Aber Lerninhalte sind doch keine Netflix-Serie? Das ist etwas völlig anderes, lässt sich doch nicht vergleichen?

Ja und Nein. Natürlich kann eine Vorlesung im muffigen Hörsaal, womöglich noch mit sonorer Stimme unmotiviert runtergeleiert, keine Begeisterung auslösen. Keine Spur von Drachen, Action, Sex. Laaangweilig.

Aber hast Du schon mal bei einer Serie, die Du nicht kennst, reingeguckt? Irgendwo Staffel 3, Folge 8? Sie mag noch so viele Drachen, Action und Sex beinhalten, irgendwann wird auch diese langweilig. Weil Du keine Ahnung hast, worum es eigentlich geht.

Kontext ist sexy!

Die Gegenprobe passt auch: Wenn Du nämlich voll in der Handlung drin bist, die Charaktere und ihre Geschichte kennst, findest Du auch Episoden spannend, wo „Außenstehende“ nur die Schultern zucken und nach fünf Minuten das Handy zücken, sich anderweitig zu beschäftigen.

Das ist der Zauber des Kontextes: Und den kannst Du auch für Lerninhalte nutzen!

Jedes Fach, jedes Thema, jeder Lerninhalt ist in einen Kontext eingebunden. Nichts steht für sich alleine. Alles hat Ursachen, Wechselwirkungen und Konsequenzen. In dem Moment, wo Dir dieses Netz (nichts anderes heißt schließlich contextus) bewusst wird, hast Du neue Inhalte schon fast gelernt. Und in dem Moment, wo Du schon vor der Lehrveranstaltung weißt, worum es gehen wird, musst Du Dich nicht mehr mühsam einfinden. Du bist sofort auf Augenhöhe, sofort mittendrin.

Mittendrin statt nur dabei

Wo das Verständnis da ist, worum es gerade geht, fällt das Mitdenken umso leichter. Und umso unwahrscheinlicher ist es, den roten Faden zu verlieren. Weniger Fragezeichen, kaum noch Selbstbetrug der Art „mache ich später genauer“, Zeit effizient genutzt. Ganz nebenbei ist das Zuhören auch weniger anstrengend.

Bleibt noch die nicht ganz unbedeutende Frage, wie kriege ich das hin?

Im Grunde ist es ganz simpel: Äußere Strukturen werden deutlich, wenn Du Dich vom Detail entfernst. Wie bei einem Mikroskop. Was bei höchster Vergrößerung wie ein abstraktes Gemälde wirkt, erkennst in der Draufsicht plötzlich als Wimperntierchen. Und wenn Du den Wald vor Bäumen nicht siehst, dann gehe aus ihm heraus. Dann siehst Du den Wald.

Zoome Dich raus!

Zu jeder Lehrveranstaltung gibt es einführende Literatur, je nach Thema reichen sogar ein paar Artikel in Fachlexika oder einschlägigen Homepages. So verschaffst Du Dir einen ersten Überblick (!). Um diesen auch zu behalten, bieten sich Tools an, die Zusammenhänge graphisch veranschaulichen: Schaubilder und Mindmaps.

Mit einer Mindmap zum Thema der Vorlesung, noch vor Veranstaltungsbeginn hergestellt, hast Du immer Orientierung: Würdest Du Dich in ein unbekanntes Gebiet begeben ohne Landkarte? Siehst Du!

Wenn es losgeht, weißt Du mit einem Blick, wo Du Dich befindest, Du weißt was zu was gehört, in welchem Kontext es steht. So merkst Du, welche Protagonisten immer wieder auftauchen, welche Charaktere für die Handlung wichtig sind. Und Du willst wissen, wie es weiter geht. Das Netflix-Prinzip.

Nach der Veranstaltung reicht eine kurze Nachbereitung, vielleicht eine kleine separate Mindmap als Ergänzung zur Hauptübersicht. Das war es schon. Und gleichzeitig hast Du Deine Prüfung bereits perfekt vorbereitet. Vielleicht noch ein paar Details ergänzen, aber das Verständnis musst Du nicht nachträglich mühsam erarbeiten, wenn es die ganze Zeit da ist. Wenn das kein Grund zur Freude ist!

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