Effizienz durch Chaos: Geheimtipp durcheinander lernen!

Ordnung ist wichtig! Für das Lernen, für das Leben, für alles. Manche sagen sogar, Ordnung IST das halbe Leben! Und auch in meinen Blogs habe ich bereits in dasselbe Horn getutet, am Lautesten in Blog 7: „Das Nietzsche-Langstrumpf-Prinzip“. Es stimmt ja auch, Ordnung schafft Planbarkeit und Planbarkeit verhindert vor allem unliebsame Überraschungen.

Aber Unplanmäßiges und Unerwartetes hat auch positive Seiten. Es schafft Spannung und setzt Energie frei, macht wach und hält wach. Und in manchen Situationen ist genau das notwendig, um schneller voran zu kommen.

Tetris-Lernen ist prima…

Ist es nicht schön, wenn alles seinen Platz hat und an seinem Platz ist? Du musst nichts suchen, nicht überlegen, wo Du etwas ablegen sollst. Du weißt, was zu tun ist. Das gibt Struktur und Orientierung und hilft, Arbeitsabläufe zu vereinfachen.

Das gilt insbesondere dann, wenn diese Arbeitsabläufe zunächst keine Ordnung zu haben scheinen, speziell beim Lernen empfinden das Viele so. Da hilft es ungemein, dem Lernen eine Struktur zu geben: Was muss ich wann machen.

Mit einem Lernplan kannst Du so eine Strukturierung erreichen und Dir die Arbeit erleichtern beziehungsweise effiziente Lernarbeit überhaupt erst ermöglichen Und hast Du den für Dich passenden Plan erstellt, fügen sich die Lerninhalte wie richtig gedrehte Tetris-Blöcke ein, und Du kannst zusehen, wie die Arbeitsebenen weniger und der Punktestand Deines Wissens größer werden.

Aber jetzt stell Dir vor, die Tetris-Blöcke kämen immer in derselben Reihenfolge, Lage und Geschwindigkeit. Wie reagierst Du? Zunächst einmal mit Freude: Alle Rekorde würden in kürzester Zeit purzeln.

…eine Zeit lang

Nur irgendwann stellst Du fest, dass der eigentliche Sinn des Spiels nicht mehr existiert. Schließlich galt es, schnell und richtig auf immer neue Herausforderungen zu reagieren. Bleiben diese aus, wird aus dem intellektuellen Prozess des Überlegens und logischen Reagierens der rein mechanische Ablauf immer gleicher Handlungen. Irgendwann weißt Du nicht mehr, welche Farbe das vorletzte Klötzchen hatte, Du wirst unaufmerksam und machst Fehler und schließlich hörst Du auf.

Das ist doppelt problematisch: Erstens ist mechanisches Lernen kein Lernen. Es kommt nix im Kopf an. Du liest Seite um Seite, Karteikarte um Karteikarte, arbeitest einen beeindruckenden Stapel an Materialien durch – und es bleibt kaum etwas hängen. Der Transfer von den im Kurzzeitgedächtnis aufgenommenen Informationen ins Langzeitgedächtnis ist ein intellektueller Prozess. Keine Fließbandarbeit.

Und zweitens besteht die Gefahr, nicht wieder in die Abläufe hinein zu kommen: Einmal aufgehört, fängst Du nicht mehr an. Warum auch? Es ist langweilig und der Lernerfolg ist gering. Und das war es mit dem tollen Lernplan. Die schönste Ordnung, der logischste Plan bringen nichts, wenn Du sie nicht umsetzt. Aber aus beiden Gefahren gibt es eine Rettung!

Variatio delectat – Abwechslung erfreut

Die für Dich maßgeschneiderte Lernstruktur ist kein enges Korsett. Sie ist vielmehr ein Grundgerüst, auf dessen fester Basis Du Dein Lernen vielfältig und variantenreich immer wieder neu erfinden kannst. Und solange Du Dein Ziel nicht aus den Augen verlierst, kannst auch nicht in die falsche Richtung gehen – Du wirst aus jedem Experiment wertvolle Erfahrungen gewinnen!

Jede Variante wirft ein neues Licht auf den Lernstoff, lässt Dich neue Facetten erkennen und vertieft die intellektuellen Prozesse. Und variieren kannst Du mit allem!

Orte: Es ist wichtig, herauszufinden, wo Du am besten lernen kannst. Und natürlich gibt es Arbeitsschritte, die eine bestimmte Umgebung erfordern: Willst Du Literatur recherchieren, wäre eine Bibliothek nicht verkehrt. Oder wenigstens ein Internetzugang. Idealerweise Beides. Wenn Du aber beispielsweise mit dem Internalisieren von Inhalten beschäftigt bist (Vokabeln oder Fachbegriffe auswendig lernen), bist Du nicht an den heimischen Schreibtisch gebunden. Das geht auch im Café oder im Institut oder je nach Temperatur im Park. Und dank der segensreichen Erfindung von Laptops und WLAN sind auch komplexere Arbeitsschritte fast überall möglich.

Themen: Eins nach dem Anderen, erst dieses, dann jenes. Vielleicht pro Tag ein Thema. So sehen vielfach Lernpläne aus. Es fühlt sich halt angenehmer an, sich in einem Thema gemütlich einzurichten. Aber ist das auch effizient? Tatsächlich legen Ergebnisse aus der neurologischen Lernforschung nahe, dass das Springen zwischen verschiedenen Themen für die Nachhaltigkeit des Gelernten ausgesprochen hilfreich ist. Kurzweiliger ist es in jedem Fall. Und in einer Prüfungssituation ist die schiere Menge des Gelernten nicht entscheidend, sondern die Abrufbarkeit! Mit dem häufigen Wechsel zwischen unterschiedlichen Themen wird genau das trainiert: Das Finden und Öffnen der richtigen Schublade im Kopf.

Wie das konkret aussehen könnte? Probiere es aus! Ob Einheiten von 30, 60 oder 90 Minuten, ob zwei Themen im Wechsel oder quer durch den Garten dessen, was Du wissen musst – was bei Dir am besten funktioniert, kann Dir keiner sagen. Finde es heraus!

Eine spezielle Variante wäre das diathematisches Lernen: Du überlegst Dir eine themenübergreifende Fragestellung, und bearbeitest sie. In der Geschichtswissenschaft ist das die diachrone Methode (z. B. „Vergleiche die rechtliche Stellung der Frau in Antike, Mittelalter, Neuzeit und Gegenwart“). Das lässt sich auf jedes andere Fach übertragen.

Methoden: Lernmethoden gibt es wie Sand am Meer und auch hier gibt es nicht „die beste“ oder „effizienteste“. Ideal ist es, wenn Du Dir einen Werkzeugkoffer an unterschiedlichen Lernvarianten aneignest, den Du immer wieder durchprobierst. Vielleicht bearbeitest Du dasselbe Thema, dieselbe Fragestellung einmal in Form einer Mindmap, und dann mit einem freien Vortrag, den Du aufzeichnest und anschließend selbst überprüfst und bewertest? Vielleicht wechselst Du zwischen abstrakten geistigen Tätigkeiten, die hohe Konzentration erfordern, und simplen Aufgaben, wie dem Beschriften und Ausgestalten von Karteikarten ab?

Impulse: Es ist immer hilfreich, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, Erfahrungen zu teilen, neue Ideen zu bekommen und eigene Methoden zu erläutern.

Was auch immer Du ausprobieren möchtest, womit auch immer du anfängst: Jede Variante ist ein Gewinn für Dich! Motivation, Erkenntnis, neue neuronale Verknüpfungen sind der Lohn für den Mut, ein klein wenig kontrolliertes Chaos zuzulassen, indem Du gewohnte Lernpfade verlässt und Dich in die spannende Vielfalt der Lernwelt hineintraust.

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