„Ich guck nur mal eben“ – „Da muss ich gerade antworten“ – „Fünf Minuten Spielen muss drin sein“ – was so harmlos klingt, kann einen ganzen Lerntag töten. Das Handy ist für den Lerner Segen und Fluch zugleich: Blitzschnell kannst Du Informationen finden, aber genauso blitzschnell kann es Dich aus der Konzentration reißen.
„Aber ich kann nichts dagegen machen!“ – Doch, kannst Du, eine ganze Menge sogar!
Es war einmal…
…vor langer, langer Zeit: Da waren Telefone noch zum telefonieren da. Und nur zum Telefonieren. Mit Wählscheibe und Kabel. Nix mobil. „Also nur am PC im Internet surfen?“ Von wegen: Internet gab es auch noch nicht. Keine Online-Shops, kein wikipedia, kein google.
Wenn Du eine Information brauchtest, hast Du ein Lexikon benötigt. Wolltest Du Musik hören, die nicht im Radio lief, gingst Du ins Geschäft. Wo Dir die gewünschte Schallplatte bestellt wurde. Nach vier bis sechs Wochen hattest Du sie. Willkommen im Neanderthal – Der Yeti haut den Rübezahl!
Finstere Zeiten. Und dann wurde Licht! Und mittlerweile hat praktisch Jeder ein Kästchen in der Tasche, mit dem er (wenn das Netz stabil ist) in Sekundenbruchteilen alle Informationen finden kann, die er wissen will. Was für ein Fortschritt, was für ein Nutzen für jeden Lerner! Seitdem ist Lernen ein Klacks, oder?
Nun ja, alles hat eine Kehrseite: Denn das Handy hat noch ganz andere Funktionen, Musik, Videos, Filme, Spiele – und soziale Interaktion. Sei es über direkte Kommunikation (Messenger, Chat) oder gleich ganze Netzwerke sozialer Medien, wo ständig irgendwas passiert.
Dr. Jekyll, die Medaille, das Marmeladenbrot, das Handy…
…alles hat eine Kehrseite. Je größer die Möglichkeiten sind, desto höher ist auch das Ablenkungspotenzial. Das Handy kann ein notwendiger Helfer, der Schlüssel zum Erfolg sein – aber genauso gut der Nagel im Sarg Deiner Prüfungsvorbereitungen.
Das ignorieren zu wollen, funktioniert nicht. Und es wäre unsinnig: Es ist da, wir wollen und eigentlich können wir nicht mehr darauf verzichten. Da hat das Handy etwas von Atomkraft: Wie seine Vorteile nutzen, ohne die Zerstörungskraft zu entfesseln?
Na ja, ist doch ganz einfach. Legst Du es halt weg oder machst es aus. Fertig ist die Laube. Ist doch nicht so schwer? Doch, ist es. Ein reines Unterdrücken des Bedürfnisses wird nicht erfolgreich sein. Eine Zeit lang mag das funktionieren: Handy auf „stumm“, in die Schublade damit, fertig. Wenn ich nur will, schaff ich das auch!
Aber jetzt sitzt da im Hinterkopf eine Stimme, die Dir einflüstert, ob nicht gerade doch irgendeine ganz wichtige Nachricht verpasst wird. Erst leise, dann immer lauter. Die Konzentration auf die eigentliche Aufgabe wird immer schwieriger. Irgendwann stellst Du fest, dass Du Dich mehr darauf konzentrierst, NICHT auf das Smartphone zu schauen, als auf das Thema.
Der einzige Gedanke: Denk nicht daran!
Und jetzt ist es eigentlich völlig egal, ob Du auf das Ding guckst oder von dem Gedanken erfüllt bist, bloß nicht daran zu denken, auf das Ding zu gucken: Der Faden ist verloren.
Es ist also wichtig, dieser Gefahr offen ins Auge zu sehen. Wenn es Dir Schwierigkeiten bereitet, das Handy einfach nur wegzulegen oder auszuschalten, dann ist das halt so. Akzeptiere es! Es hat schon seinen Grund, weshalb am Anfang jeder erfolgversprechenden Suchtbehandlung erst einmal das Eingeständnis steht, überhaupt süchtig zu sein. Und das gilt auch unterhalb des Suchtlevels, im Bereich der ungünstigen Angewohnheiten, die aber auf Dauer ebenfalls fatale Auswirkungen haben können.
Hast Du die Handynutzung aber als Ablenkungsquelle identifiziert, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, seiner Herr zu werden. Aber Vorsicht: Es wird sich nicht kampflos ergeben und hat noch ein paar Tricks auf Lager:
Der „Ich muss für bestimmte Personen erreichbar sein.“ – Trick: Ob Kind, Partner, pflegebedürftige Mutter – natürlich gibt es Konstellationen, die eine schnelle Erreichbarkeit erfordern. Aber eben nur für einen ganz speziellen Personenkreis. Du kannst mit wenigen Klicks Dein Handy so einrichten, dass Du nur auf Nachrichten von diesen speziellen Nummern aufmerksam gemacht wirst. Alle anderen bleiben stumm oder werden nicht einmal im Display angezeigt.
Die Handy-Trickkiste ist reich gefüllt
Der „Ich verpasse was“ – Trick: Es ist ein psychologisches Phänomen, das man als gesellschaftliches Dekadenzmerkmal verteufeln mag, an dessen Faktum es aber keinen Zweifel gibt. Sozialen Medien ist es gelungen, sich so wichtig zu machen, dass es bei Vielen zu einem schlechten Gewissen führt, wenn sie sich unerlaubt aus der Instagram-, TikTok-, Facebook- oder wasauchimmer-Welt entfernen.
Gut, dann richte Dir dafür Zeiten ein, in denen Du das tun kannst. Das lässt sich übrigens wunderbar in ein Belohnungssystem einbauen: z. B. 45 Minuten konzentriertes Arbeiten = 2 Minuten Handy-Zeit. Natürlich liefert das einen für das Gehirn ablenkenden Input, aber das ist in dieser Situation das kleinere Übel.
Der „Ich guck nur mal eben“ – Trick: Wenn es nur so wäre. Aber dann ist die Konzentration zum Teufel. Und aus dem kurzen Blick wird dann ein längeres Rumscrollen. Oder chatten. Oder 20 Minuten Candy Crush. Begrabe das Handy doch unter einem Kartenhaus, einem Bücherberg oder lege es in einer kleinen Kiste in den Küchenschrank: Egal was, Hauptsache, es bereitet Dir Mühe und Du kannst eben nicht „mal eben“ zum Handy greifen.
Die Technik macht’s möglich
Mittlerweile gibt es außerdem zahlreiche Apps, die Dir die temporäre Abkehr vom Handy erleichtern: Du kannst bestimmte Apps für einen festgelegten Zeitraum sperren, Dein Smartphone füttert Hunde mit Donuts oder lässt Bäume wachsen, in der Zeit, wo Du es links liegen lässt, und und und.
Ein geht nicht, gibt’s nicht. Du kannst eine ganze Menge machen!